Mittwoch, 8. Juni 2011

Von stillen Örtchen und Blaskapellen


Osterwochenende! Eigentlich hätte ich dieses gerne zu Hause verbracht, mich entspannt, die Seele baumeln lassen, nichts oder nur wenig getan, einfach in den Tag hineingelebt. Aber da war es nun, das Weihnachtsgeschenk. Vergangenes Weihnachten haben wir meiner Nichte und meinem Neffen, beide in pubertärem, jugendlichen Alter, eine Reise nach Berlin geschenkt – über Ostern. So ist das mit Gutscheinen. Erst schenkt man sie, dann vergisst man sie und irgendwann, da tauchen sie auf wie eine längst überfällige Rechnung an die man erinnert wird, als plötzlich das uighurische Inkassobüro vor der Tür steht.
Das genannte Wochenende verlief, mit Ausnahme stundenlanger, nervenzehrender Staus, äußerst entspannt und abwechslungsreich – eine schöne Reise. Wieder zu Hause angekommen, hieß es Koffer auspacken und wieder Koffer packen. Es geht nach Norwegen, besser gesagt nach Kongsberg, gute neunzig Minuten Autofahrt von Oslo entfernt.
Wieder so ein verflixter früher Flug. Bereits gegen 5:30 Uhr morgens verlasse ich das Schlafgemach, schlaftrunken! Die LH858 wird mich heute nach Oslo Gradermoen bringen, ein gut zwei Stunden dauernder Flug. In den kommenden Tagen werde ich einen Workshop bei einer neu akquirierten Unternehmung leiten, eine Firma aus dem Verpackungsmarkt. Am Flughafen Oslo angekommen, heißt es für mich erst einmal warten – warten auf einen Kollegen aus einem unserer amerikanischen Unternehmen, in welches die Neuakquise integriert wird. Eigentlich sind wir zeitlich gelandet, ich aus Frankfurt, der Kollege aus New York. Jedoch scheint die Gepäckausgabe verzögert, weshalb ich geraume Zeit im Ankunftsbereich warten muss und in der Zwischenzeit mehrmals vom wartenden Großraumtaxifahrer angerufen und höflich aufgefordert werde zum Fahrzeug zu kommen, andere Gäste warten bereits auf uns.
Endlich auf der Straße umfahren wir großzügig Oslo, der Flughafen liegt genau auf der gegenüberliegenden Seite meiner finalen Destination. Nachdem wir die Großstadt mehr oder weniger hinter uns gelassen haben durchfahren wir teils malerische Landschaften, welche durch rauschende Flüsse unterbrochen und von rot bemalten Häuschen kultiviert werden. Direkt an der Firma angekommen treffe ich die neuen norwegischen Teammitglieder, sowie deren Kollegen, die aus Tschechien bzw. ebenfalls Deutschland angereist sind. Zum Beginn des Workshops führe ich die Teilnehmer zunächst in das Prozedere, die Prozesse und Werkzeuge, sowie die anstehende Agenda ein. Der Arbeitstag endet mit einer Fahrt ins ca. 20 Minuten entfernet Hotel auf dem Lande. Eigentlich wollte ich nahe der Firma übernachten, macht dies die tägliche Anreise angenehmer. Die Fahrt zum Hotel und die Unterkunft selbst entschädigen jedoch durch eine herrliche Landschaft, die den Wunsch nach baldigem Urlaub aufkommen lässt. Weit abgeschieden vom Trubel des Industriegebietes nächtigen wir in einem stilvollen, wenn auch nicht ganz günstigen Landhotel, welches zudem für seine ausgezeichnete Küche gerühmt wird. Wir werden sehen. Bevor wir uns zu Tisch treffen, nutze ich die Gelegenheit nach dem Bezug meines Zimmers, die nähere Umgebung etwas zu erkunden. Ziemlich frisch ist es noch um diese Jahreszeit, vereinzelt ist noch Schnee zu finden.
Das folgende Abendessen bestätigt, nein – übertrifft den Ruf der exzellenten Küche. In Kräutern gegrillter Seelachs zur Vorspeise, zartestes, rosa Elchfilet an Cranberry-Soße als Hauptgang gefolgt von einem Himbeerparfait an Schokoladensugo. Ein Gedicht!
Tag zwei des Workshops. Die eigentliche Arbeit beginnt. Entlang des vorgegebenen Prozesses hangeln wir uns Schritt für Schritt nach vorne, ich korrigiere wo nötig, wir führen Diskussionen über diverse Themen, welche für die Kollegen neu sind. Nach so einem Tag braucht man zwei Dinge: Ruhe und eine großes, nein zwei große Bier! Bevor ich mir diese im Kreis der Teilnehmer gönne, möchte ich die nahe Natur etwas erforschen. Schlendernd verlasse ich das Dorf in Richtung Wald, überquere die Straße, laufe etwas durchs Dickicht und befinde mich plötzlich an einem großen, sich durch das dichte Waldgebiet erstreckenden See – Natur pur! Dieser Ruhepol lädt natürlich zum Verweilen ein, um Kraft zu tanken, die Gedanken schweifen zu lassen und sich zu entspannen. Ein wunderbarer Ausgleich!
Bevor ich, ein klein wenig erholt ins Hotel zurückkehre, folge ich Musik, welche durch das Dorf schallt. Es dauert nicht lange, da finde ich den Ursprung der Klänge. Eine kleine, mit Schülern der Dorfschule besetzte Blaskapelle hat Aufstellung im Schulhof genommen und probt auf Anweisung eines Lehrers einen Marsch. An der Schule angekommen setzt sich die Kapelle in Bewegung, dem Takt des Schlagzeuges folgend durch die Straßen der Ortschaft. Besonders der durch die Trompete prustende Lehrkörper, sowie einige Tonsuchende Pennäler zeichnen mir ein Grinsen ins Gesicht. Ein schöner Abschluss des Tages gefolgt von zwei schmackhaften Bieren natürlich.
Nach getaner Arbeit geht es am dritten und letzten Tag zurück in die Heimat, per LH863. Kurz vor dreiundzwanzig Uhr komme ich zu Hause an. In den kommenden 8 Tagen habe ich Bürozeit vor mir, danach befinde ich mich schon wieder „Up in the Air“, nach San Francisco.
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